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Vortrag: Kritik des Menschenrechts

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Die Menschenrechte: Recht­fer­ti­gung bür­ger­li­cher Herr­schaft aus der ​„Natur“ der Beherrschten und diplomatische Waffe der Staatsgewalt

Keine Woche vergeht, ohne dass Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International oder Human Rights Watch, Journalisten oder Politiker Menschenrechtsverletzungen anprangern. Die Liste reicht von Folter und Wahlbetrug bis zu gesperrten Internetseiten. Auf der Anklagebank sitzen in der Regel auswärtige Regierungen oder „selbsternannte“ Diktatoren, und das zumeist ideelle Gericht setzt sich aus Freunden und Vertretern der westlichen Wertegemeinschaft zusammen. Die monierten Übergriffe auswärtiger Machthaber sind an der Tagesordnung, weil der Globus von Staaten bevölkert ist, die sich ihr mehr oder weniger benutzbares Fußvolk mit Gewalt gefügig machen. Der Vorwurf der Verletzung von Menschenrechten will freilich gar keinen positiven Grund für die Brutalitäten missliebiger auswärtiger Potentaten entdecken. Fehlende Rechte oder schlechtes Regieren lautet die Kritik, die ein einziges Plädoyer ist für gutes Regieren, für legitime politische Herrschaft also.

Und das soll nur durch die Beachtung der Menschenrechte zu haben sein.

Die Menschenrechte gelten nämlich als aus der Natur des Menschen entspringendes Recht auf Respekt durch die staatliche Obrigkeit, als Recht nicht durch, sondern gegen den Staat, als Regelwerk, das nicht wie sonst üblich die Bürger, sondern die Staatsmacht zu Wohlverhalten verpflichtet. Eine Paradoxie, weil der Staat selbst keiner Gewalt unterliegt, die ihn verpflichten oder beschränken könnte. Es ist umgekehrt, der Staat als höchste Gewalt definiert selbst Rechte und Pflichten. Wenn Staaten sich dennoch in die Pose werfen, diesen Rechten zu folgen, handelt es sich bestenfalls um eine Selbstverpflichtung, die in dem Versprechen besteht, auf solche Übergriffe zu verzichten, die sie vom Standpunkt ihrer Staatsräson nicht für erforderlich halten. Herrschaft light, diese Verklärung des einzig denkbaren Täters für politische Gewalt zur Schutzmacht ihrer Objekte, das gefällt Untertanen. Sie fürchten sich nämlich nicht zu Unrecht vor dem, was ihre Herrschaft alles könnte, wenn sie es denn wollte.

Dieselbe Staatsgewalt, die nach innen unbedingt durch den Menschenrechtskatolog von der gewalttätigen Unterdrückung ihrer Bürger abgehalten werden muss, ist nach außen der erste Bündnispartner für die Menschenrechtsorganisationen und deren Anhänger. Wo immer in der Welt sie die Einhaltung der Menschenrechte einklagen, die heimische Politik ist bevorzugte Ansprechadresse für die Durchsetzung menschenrechtlicher Standards. Denn nur deren Gewalt vermag, wovon sie nur träumen können, nämlich ganze Regierungen auswärts unter Aufsicht zu stellen. Selbst Kriege wie der auf dem Balkan, im Irak oder in Afghanistan werden im Namen der Menschenrechte geführt, ohne den Beifall der privaten Menschenrechtsaktivisten zu verspielen. Im Gegenteil.

Nicht nur das muss nachdenklich stimmen.